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Auf dem platten Land

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Für meine Freundin aus Uruguay, die nach Bildern aus meinem Urlaub gefragt hat!

Ich bin mit ambivalenten Gefühlen für diesen Landstrich aufgewachsen. Mein Papa kommt von dort, ist dort aufgewachsen. Meine Mama konnte sich nie an Land und Leute annähern (ich tippe stark auf einen der üblichen „Schwiegermutter“-Konflikte).  Doch ich erinnere mich, dass wir, in meiner Jugend, mindestens 1 mal im Jahr dort einen Urlaub verbracht haben.

Jahrzehnte lang bin auch ich dem Landstrich fortgeblieben (ich schätze mal, genährt durch elterliche Prägung). Doch rückblickend ist mir klar geworden, dass ich gerne dort war. Und die Kindheits-Abenteuer, die ich dort mit älteren Cousins und Cousinen erleben durfte, sehr genossen habe.

Der Tod einer Tante im letzten Jahr, hat mir, trotz des traurigem Anlasses, viele dieser wundervollen Kindheitserinnerungen zurückgebracht.

Fast 40 Jahre nach meinen Kindheitserfahrungen habe ich mich also in diesem Jahr daran gemacht, Erinnerungen wieder aufleben zu lassen. Wie solche Dinge oftmals sind, war es emotional sehr anstrengend, aber auch sehr befreiend.

Dabei ist es durchaus nicht unproblematisch einfach mal 40zig Jahre zu überspringen und dort weiterzumachen, wo man vor all der Zeit aufgehört hat. Und das betrifft, vor allem mein (nicht mehr existierendes) Verhältnis zu meinen Cousins und Cousinen; die sich, zum Teil zurecht und bedingt durch vergangene Erfahrungen, nicht sonderlich freundlich behandelt fühlten und heute nicht recht wissen, wie sich mich einschätzen sollen. Und so empfinde ich echte Dankbarkeit gegenüber meiner Tante, die mich mit solch offensichtlicher Freude wieder in ihren Kreis aufgenommen hat.

Tja, so eine Reise in die Vergangenheit ist wohl nie einfach. Aber schön war’s trotzdem.

Zwischen Deich, Windmühlen und Fehndörfern haben wir uns in diesem Jahr mit den Rädern bewegt. Immer gegen den Wind versteht sich. Was uns gleich am ersten Urlaubstag vor Herausforderungen gestellt hat, auf die ich hätte absolut verzichten können.

Es waren noch nicht einmal die 50 km mit dem Rad und auf dem Sattel, die für mich vollkommen ungewohnt sind, sondern die 2 Stunden davon, die wir hinterm Deich gegen den Wind geradelt sind. Oh man, ich dachte wirklich ich kippe gleich vom Rad und richte mich, meine zittrigen Beine von mir streckend, für eine Nacht auf dem Deich ein.

Notiz an mich: Ein Blick in die Wetternachrichten und eine kluge Streckenauswahl, kann dir den ersten Urlaubstag versüßen!

Zwei Tage lang haben wir auf die Räder verzichtet und sind auf Schusters Rappen durch Natur und Stadt … naja, sind wir ehrlich … Städtchen.

Diese sind reizvoll für uns; schon allein durch ihre typisch Klinker-Verbauung, die wir so im Süd-Hessischen nicht kennen. Aber auch ihre alten Fehn- und Warf-Dörfer Strukturen. Sowie meine familiären Bindungen, die zu einigen Häusern der Gegend ihre Geschichten zu erzählen haben.

Ich kenne das Moor noch mit Wirtschaftswegen durchzogen, mit der Möglichkeit auf dem weichen Moorboden wie auf einem Trampolin zu hopsen. Touristisch erschlossen, habe ich es zuvor nicht gesehen. Und doch bin ich dankbar dafür; nicht nur für den Schutz des heute all zu kleinen Gebietes, sondern auch, das es mir heute zum ersten Mal eine Kreuzotter geboten hat.

Ansonsten gab es für uns viel Ostfriesisch kredenzten schwarzen Tee, natürlich stilecht mit Kandis und Sahne, Oma’s Butterkuchen (nicht von meiner Oma, die bereits verstorben ist, aber genauso lecker!) und köstlichen Greetsieler Mohn-Käsekuchen, für den ich mir gerne den Hintern auf einem Sattel platt gesessen habe.

Bei mir kam natürlich auch ostfriesisches Rosinenbrot und das dortige schmackhafte Schwarzbrot nicht zu kurz. Und es gab sogar jene wundervollen Kleie-Kartoffeln, wie sie nur die dortigen Böden hervorbringen können.

Kurz, ich habe Kohlenhydrat-mäßig ordentlich zugelangt. Und erfreulicherweise (oder auch nicht, je nachdem aus welchen Blickwinkel man es betrachtet) ist mir diese Mast gut bekommen; wenn ich sie auch nicht fortzusetzen gedenke, aktuell aber leider so überhaupt nicht davon loskomme. Doch das ist eine andere Geschichte.

Und Fisch. Am besten in Ditzum. Im Haus am Siel. Original, aus der Pfanne.

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