Die Wiederentdeckung der Beweglichkeit
In meiner Übergewichtigen-Karriere (ich setzte da mal 25 Jahre für an, etwa von dem Zeitpunkt als ich das letzte Mal unter Hundert kg hatte, bis heute, wo ich erneut auf die unter Hundert zusteuere) habe ich Sport gehasst und (quasi aus dem Stand heraus und völlig untrainiert) sportliche (Über-)Leistungen dazu genutzt, mich für Fressanfälle und Gewichtszunahmen zu bestrafen (anders kann man das wahrlich nicht nennen).
Im Winter 2013/14 habe ich es kaum geschafft vom Parkplatz, ums halbe Haus herum, zum Hauseingang zu Laufen und die 5 Stufen zur Wohnung zu bewältigen, ohne ins Schnaufen zu kommen. Und auch wenn ich es mir lange (und erfolgreich) eingeredet hatte, Sport und Bewegung zu hassen, ein Couchpotato zu sein und einfach kein Fitnessfanatiker, so war mir doch damals, wie so vieles anderen auch klar, dass es so nicht weiter gehen kann.
Dabei war das nicht immer so. Obwohl Sport in der Schule eine Quälerei war (wobei sich über die Qualität von Schulsport eh streiten lässt), so war ich doch eigentlich ein Kind, das sich immer gerne bewegt hat. Sei es mit dem Rad, auf Rollschuhen (damals waren es Skater), beim Schwimmen oder als langjähriges aktives Mitglied im örtlichen Sportverein.
Sicher habe ich keine sportlichen Höchstleistungen erbracht, keine Wettkämpfe gewonnen oder Sportabzeichen verdient – aber ich hatte immer Spaß an der Bewegung.
Heute entdecke ich die Möglichkeiten meines „neuen“ Körpers, meine wiedererlangte Beweglichkeit und (hart erarbeitet) Fitness neu und es ist eine so fantastisch Erfahrung, die alle meine früheren Ausreden „eben nicht sportlich zu sein“ Lügen straft.
Von dem Moment an, von dem ich das Projekt „Adipositas-OP“ angegangen bin, habe ich daran gearbeitet wieder fitter und beweglicher zu werden. Der Anfang mit fast 200 kg war schwer. Zunächst war es alleine eine Herausforderung, die anstehenden Arzttermine wahrzunehmen und die Wege zu den Arztpraxen und wieder zurück zu bewältigen.
Der nächste Schritt war wieder mit dem Schwimmen, bzw. mit Aquajogging anzufangen. Ich weiß noch genau, dass ich es anfangs kaum geschafft habe, nach den 45 min wieder aus dem Wasser herauszukommen, so erschöpft war ich und so schwer kam ich mir nach der Leichtigkeit im Wasser vor.
Parallel zum wöchentlichen Schwimmen, habe ich angefangen wieder auf dem Ergometer zu fahren. Zuerst haben mir 5 min. bei 50 Watt vollkommen ausgereicht, doch daraus wurde mit der Zeit dann 30 min. und 100 Watt (und mehr).
Nach dem meine Schonzeit nach der Adipositas-OP um war und ich wieder 150 kg hatte, wegen der Belastbarkeit der Geräte in dem Studio, was ich mir ausgesucht hatte, bin ich dann auch wieder ins Fitnessstudio.
Ich habe Bodybuilding schon immer geliebt. Nur das steigende Körpergewicht, in Zusammenhang mit dem gemischten Publikum, des Studios, in dem ich damals war, hat mir dann jede Freude daran genommen. Wegen unseres Umzuges und einer erneuten Schonzeit, nach der Hysterektomie, bin ich im Moment kein Mitglied in einem Studio. Ich habe mir, aber schon wieder ein Frauenstudio ausgesucht, dass ich nach Ende der 3 Monate Schonzeit wieder regelmäßig besuchen möchte.
Noch vor der Adipositas-OP, im Juni 2014, war ich wieder mit den Stöcken zum Nordic Walking unterwegs. Mein Ziel war es eines Tages wieder aufs „Franzosenkreuz“ zu kommen, da sozusagen die Spitze unseres „Haushügels“, wir wohnten damals in Birkenau im Odenwald, bedeutet. Der Weg bis dorthin war unendlich weit. Quasi in 3 Etappen und einem Zeitraum von einem ¾ Jahr bin ich das „Franzosenkreuz“ angegangen.
Zunächst habe ich meine Runden nur bis zum Wasserbehälter, meinem unteren Etappenpunkt gedreht, dann hinauf bis auf die halbe Höhe, einem Querweg unterhalb des Franzosenkreuzes und dann endlich bis über die Spitze! Was für ein Erlebnis und nichts, aber auch gar nicht konnte danach das Grinsen aus meinem Gesicht wischen!
Heute bin ich sogar noch eine Etappe höher gelaufen, zur Hütte oberhalb des Franzosenkreuzes, und brauchte auf dem Weg nach oben nur eine Pause zum Durchschnaufen und Trinken zu machen. Es war der Wahnsinn. Seit beinahe 10 Jahren bin ich nicht mehr dort oben gewesen.
Fast genauso viel Spaß hat mir unsere Tour durch die heimischen Fahrradläden gemacht.
Ich habe seit vielen Jahren endlich wieder auf einem Fahrrad gesessen! Dank meiner vielen Ergometer-Stunden war das Radeln auch kein Thema. Wobei es doch noch mal was ganz anderes ist, wenn man auf einem Fahrrad sitzt und zusätzlich auch noch sein eigenes Gewicht zu bewegen hat.
Zwar verlernt man so was tatsächlich nicht, aber es war doch eine wackelige Angelegenheit, wie ich, nach Jahren der Zweirad-Abstinenz, durch den Laden geeiert bin. (Ist das nicht toll, dass die großen Fahrradläden heutzutage richtige „Teststrecken“ zum Ausprobieren haben?)
Ich habe also jedes Fahrrad was in Frage kommt ausprobiert und wir haben uns Stunden in den Läden verweilt. Ich habe mir eine Auswahl an Räder zusammengestellt, die in Frage kommen, nun muss ich mich nur noch entschieden!
Vielleicht wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen mir wieder ein Fahrrad zu kaufen, wenn nicht zum einen, mein Leasing-Fahrzeug, einem Smart, im Mai 2015 zurückgeben muss, wir nun wieder im „flachen“ Radel-freundlichen Rheingraben wohnen und ich nicht so stark abgenommen hätte.
Nun ja und neben kleineren Ausflügen, die mir ein Rad ermöglicht, brauche ich ja auch ein Transportmittel zum Fitnessstudio. Auch nicht schlecht, dass ich mir so das Aufwärmen und/oder die Cardio-Einheit sparen kann.
Aber auch wenn ich wieder fitter und sehr viel beweglicher bin, so sind einige Dinge nicht mehr besser geworden. Meine Knie etwa schmerzen immer noch, wie die Hölle, wenn ich mich daraufknie. Der Rücken bringt mich fast um, liege ich gerade auf hartem Boden und mein Bauch ist nach wie vor empfindlich, wenn ich darauf liege (schon allein wegen der Darm-Geschichte eine empfindliche Sperrzone, die keinen Druck verträgt).
Zwar kann ich heute wieder aus eigener Kraft aufstehen, wenn ich mal auf dem Boden sitze, aber schmerzfrei ist was anderes. Deswegen, auch wenn ich noch mal 80 kg abnehmen würde, sportliche Übungen auf dem Boden oder arobisches Rumgehüpfe, waren einmal.