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Ich und Histamin

Aufgrund dessen, was ich bisher über Histamin gelernt habe, muss ich davon ausgehen, dass ich und Histamin bereits eine lange Vergangenheit haben, die von problematischer Natur ist. Das Thema ist jedoch erst vor zwei Jahren in mein Bewusstsein gerückt.

Damals fing es an mit den, stets in den Nächten beginnenden, in der Regel 48-stündigen andauernden Migränen (wir essen seit jeher unsere warme Hauptmahlzeit am Abend, deswegen der in die Nacht versetzte Beginn), die nicht auf Schmerzmittel reagiert haben und sich erst Stunden später nach der Einnahme von Antihistaminika auflösen ließen.

Für mich war es Migräne, die mich auf die Spur von Histamin gelenkt hat, die Symptome sind jedoch vielfältiger und oft sehr diffus; eine Auswahl habe ich unten angefügt.

Histamin hat viele wichtige Aufgaben. Unsere Mastzellen „entlassen“ Histamin, etwa, um bei einer Entzündungsreaktion ein Anschwellen des Gewebes zu bewirken, für die Regulation der Magensäureproduktion, zur Steuerung des Schlaf-Wach-Rhythmus oder bei der Mitarbeit an der Appetitkontrolle. Wenn es dann mal etwas zu viel des Guten wird, verfügen wir darüber hinaus auch über das Histamin-abbauende Enzym Histamin-N-Methyl-Transferase und die Diaminooxidase (kurz DAO).

Immer vorausgesetzt unser System Mensch läuft optimal, sind wir also gewappnet gegen Zimt, Leber- und Blutwurst, Meeresfrüchte, Matjes, Rotwein oder Kombucha; eine Auswahl meiner persönlichen Endgegner. Eine erschöpfende Liste möglicher Verursacher und Kreuzreaktiver habe ich ebenfalls unten angefügt.

Warum das mit uns und dem Histamin nicht so gut funktioniert, kann verschiedene Gründe haben, etwa eine Überaktivität der Mastzellen (Mastzellaktivierung). Das ist die eine Seite. Ein DAO-Mangel oder eine DAO-Hemmung, die andere. Nehmen wir dann auch noch histaminreiche Lebensmittel zu uns, verstärkt sich das Problem. Letztere sind jedoch nicht die Ursache.

Diese liegt tiefer und ist auf vielfältige Art miteinander verschlungen: ein schlecht genährtes Mikrobiom, zu wenig Magensäure oder ein falscher ph-Wert derselben, Reflux, Gallensteine, Lebererkrankungen, Reizdarm-Syndrom, SIBO (small intestinal bacterial overgrowth = Dünndarmfehlbesiedlung) oder Leaky gut (ein durchlässiger Darm). Es scheint sogar eine genetische Verwandtschaft von Histaminunverträglichkeit mit Morbus Crohn zu geben.

Auch Medikamente auf Basis von Acetylcystein, Cimetidin, Furosemid, Haloperidol, Metamizol, Metoclopramid, Metronidazol, Theophyllin und Verapamil stehen im Verdacht, die DAO-Aktivität zu reduzieren. Metformin steht im Verdacht Leaky gut zu verursachen und H2-Blocker zur Hemmung der Magensäuresekretion sind ebenso problematisch. Selbst die so hilfreichen H1-Antihistaminika, hier wird zb. Zyrtec genannt, sind Teil des Problems, wenn sie über einen langen Zeitraum genutzt werden. Und das, obwohl Cetirizin(dihydrochlorid) einen Mastzellmembran-stabilisierenden Effekt besitzen soll und Cromoglicinsäure sogar zu den Mastzellstabilisatoren zählt.

Wo also anfangen, das Problem zu lösen? Denn, was meine Verdauung betrifft, läuft nichts davon wirklich rund. Angefangen bei meinen Darm- und Magen-OPs, über meine Autoimmunerkrankung hinaus, schließt sich der Teufelskreis mit einer mangelhaften Vitaminresorption (u.a. sind Zink und Kupfer wichtig für die Produktion von Histamin) und einer gestörten Fettverdauung. Nimmt man noch die Optimierung von Schlaf, Bewegung oder Sonnenlicht hinzu, fühle ich mich leicht überfordert und würde am liebsten gleich aufgeben.

Die Allgemein Medizin ist dabei leider auch nicht hilfreich, denn die setzt auf das Vermeiden individueller Auslöser und die bereits erwähnten Medikamente. Oder, wie ich aus persönlicher Erfahrung weiß, man nimmt die Probleme erst gar nicht ernst – dann hat man eben einen empfindlichen Magen! Ich verstehe ja, dass das alles komplizierte Zusammenhänge sind, die nur schwer nachzuweisen und zu diagnostizieren sind. Aber bitte, man erzähle mir nicht mehr, dass es Muskelkater sei, wenn es tatsächlich ein akuter Schub einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung ist!

Doch zurück zum Histamin. Auch ich setzte auf das Vermeiden individueller Auslöser und bin von Herzen dankbar für Antihistaminika, weil sie mir schon mehr als einmal sprichwörtlich „das Leben gerettet haben“. Sie sind jedoch keine Dauerlösung. Allein schon deshalb, weil die Liste der Lebensmittel, die mir Kopfschmerzen verursachen, immer länger wird.

Bevor ich mir, mit der Unterstützung einer Heilpraktikerin, ein Darmprotokoll zusammengestellt habe (und damit in der 1. Rund kläglich gescheitert bin) habe ich es mit verschiedenen Ernährungstaktiken, der täglichen Gabe von Fermenten, wie Kombucha, Sauerkraut oder milchsaurem Gemüse und dem regelmäßigen Genuss von hochwertigem Joghurt ausprobiert. Ich habe mich an Ballaststoffen, wie Akazienfasern oder Floh- und Leinsamenschalen versucht, ich habe die Ballaststoffe komplett weggelassen und mit diversen Probiotika und Nahrungsergänzungsmittel experimentiert.

Einiges davon hat tatsächlich kurzfristige Erfolge gebracht, etwa Vitamin C, Mariendistel und Heilerde und anderes blieb völlig ohne Eindruck, etwa Kurkuma oder Quercetin. Der ganze Rest (auch das so sorgfältig zusammengestellte Darmprotokoll) hat eine Palette von zumeist sehr unschönen Reaktionen hervorgerufen.

Ich gebe zu, dass mein Vorgehen dabei etwas planlos war. Erst mit meinem Darmprotokoll ist da ein wenig Ordnung eingekehrt. Auch wenn ich immer noch auf der 1. Stufe (Heilerde) festhänge, so scheint doch im Moment eine gewisse Ruhe eingekehrt zu sein. Deswegen haben meine Heilpraktikerin und ich von nun an dazu umgeschwenkt „kleinere Brötchen zu backen“. Dazugehört, dass wir die einzelne Phase zeitlich ausgebaut haben und mit niedrig dosierten Probiotika (auf Kleinkind Niveau) und Nahrungsergänzungsmittel, sowie täglichen Präbiotikas in Mini-Portionen neu ansetzten.

Manchmal bin ich dieses ganze Verdauungs-Thema ziemlich leid und ich will einfach, dass es aufhört und alles „gut“ ist (also, dass meine Verdauung so glattläuft, dass ich sie gar nicht bemerke). Deswegen bin ich oft zu ungeduldig und will zu viel auf einmal. Zudem wollte ich lange nicht akzeptieren, dass man „kaputtes“ (weil mir ein Teil des Darmes und des Magens fehlt und andere Teile „umgebaut“ worden sind) nicht wieder „ganz“ machen kann. Ich kann dem System jedoch helfen, besser mit dem zu arbeiten, was vorhanden ist. Mit der ganzen Wagenladung an Problemen eine mühsame und langfristige Angelegenheit. Dabei muss ich mich immer wieder daran erinnern, einen Fortschritt der Perfektion vorzuziehen. Progress Over Perfection.

Mögliche Symptome

(Beispiele)

Laufende Nase
Saisonale Reaktionen, wie Heuschnupfen
Rote Backen, zb. nach Genuss von Rotwein oder Hitzewallung beim oder nach dem Essen
Juckende Haut, insbesondere Augen oder Kopfhaut
Akne, Ekzeme, Rosea
Brüchige Fingernägel
Gelenkschmerzen, Geschwollene Knöchel, Wassereinlagerungen am Körper
Dunkle geschwollen Ringe, unter den Augen
Schlechter oder gestörter Schlaf
Herzstolpern
Von leichten Kopfschmerzen bis starke Migräne
Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
Reflux
Müde ohne Grund
Erschöpfung
Depression

Mögliche Probleme und Kreuzreaktive

(Beispiele)

Nikotin
Kaffee/schwarzer Tee
Alkohol
Medikamente
Leaky gut
Candida, Helicobacter Pylori
Vitamin- und Mineralstoff-Mängel (ua. Zink, Kupfer, Calcium, Magnesium)

Histaminreiche Lebensmittel

(eine Auswahl nach Georgia Ede, MD)

Histamin:

Aubergine (mittel)
Spinat (mittel bis mäßig hoch)
Avocado (mittel)
Sauerkraut (sehr hoch), allgemein Fermestiertes
Natto (mäßig hoch bis hoch)
Saure Sahne (niedrig)
Joghurt und Kefir (niedrig)
gereifter Käse (niedrig bis sehr hoch)
abgehangenes oder lange gelagertes Fleisch oder Hart-Wurst (zb. Salami) (sehr hoch)
Rotwein (mittel)
Champagner (sehr hoch)
Dunkle Schokolade (mittel), Bio dunkle Schokolade (niedrig)

Histidin (eine semi-essentielle Aminosäure, ua. am Wachstum und der Gewebereparatur beteiligt, kann im Zusammenhang mit Histamin zum Problem werden):

Spinat (lange gelagert)
Tomate (lange gelagert)
Aubergine (lange gelagert)
Fisch (zu lange oder schlecht gelagert, zu lange Verarbeitungszeit, besser TK)

Trigger Lebensmittel (die im Zusammenhang mit Histamin zum Problem werden können):

Zitrusfrüchte
Bananen
Papaya
Ananas
Erdbeeren
Gewürze (zb. Zimt oder Curry)
Hefe
Lebensmittelzusätze, allgemein
Alkohol (hemmt DAO)
Eiklar vom Ei
Nüsse
Lakritz
Hülsenfrüchte

Desweiteren wird oft genannt:

Essig (besser Apfelessig)
Getrocknete Früchte
Avocado
Meeresfrüchte
Oliven
Senf

Lösungsansätze

Ein Histamin-Reaktions Tagebuch führen (worauf reagiere ich wie)

Gründlich Kauen

Frisch essen

Einpackdatum beachten, so kurz wie möglich halten

Tiefgekühltes ist sicherer

nicht wieder aufwärmen

Mit Ballaststoffen das Mikrobiom füttern und so dem DAO helfen. Für Keto: 1 Tasse grünes Gemüse pro Tag reicht.

Täglich Fermentiertes, für den Anfang reichen Mini-Mengen (am besten selber herstellen).

Essig Shots vor dem Essen, ansonsten täglich Apfelessig trinken, für den Anfang reichen Mini-Mengen.

Leber stärken mit einer suppig-saftigen Ernährung und zb. Mariendistel.

Der Galle helfen mit Bitterstoffen/Bittertropfen oder Ochsengalle und Verdauungsenzymen (über kurze Zeit).

Betain HCL (über kurze Zeit, für mehr und eine saure Magensäure)

Vitamin- und Mineralstoff-Mängel ausgleichen (ua. Zink, Kupfer, Calcium, Magnesium)

Wenn Probiotika, dann mit sehr geringer Dosierung beginnen (Kleinkind Niveau). Geeignet sind vor allem Bifidobacterium longum, b. breve, b. bifidum, b. lactis; Lactobacillus casei steht im Verdacht, die eigene Histamine-Produktion zu verstärken.

Tägliche Bewegung und erholsamer Schlaf.

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Bisher habe ich Kyra Kauffmanns „Der Histamin-Irrtum“ noch nicht gelesen. Ich habe die Autorin jedoch bereits in verschiedenen Podcasts gehört und schätze ihr Wissen. Das Buch steht ganz oben auf meiner „lesen“-Liste.


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