Reset
Okay, nun ist endlich mal alles soweit aufgearbeitet, dass ich zu den wirklich interessanten Themen kommen kann. Mitte Juni 2017 war ich also an einem Punkt, wo gar nichts mehr ging, ich kam weder gefühlsmäßig zurecht, noch essentechnisch. Ich dachte nur noch in Schleifen und in meinem Kopf herrschte ein furchtbares Durcheinander. Ich war mutlos und konnte einfach keine Energie aufbringen irgendetwas zu tun. Ich hatte mit Heißhungerattacken zu kämpfen, genascht was das Zeug hält und mein Gewicht ging langsam immer höher.
Zu diesem Zeitpunkt veröffentlichte Alexander seinem Low Carb X Online Kongress. Zwar fühlte ich mich in meiner Überheblichkeit sicher, schließlich mache ich schon lange low carb, dass mir der Kongress nur wenig bringen würde, aber wer weiß … und schlimmer konnte es eh nicht werden.
Also habe ich mich angemeldet und mit steigender Begeisterung täglich, die drei Video-Interviews aufgesogen, die Alexander für den Kongress vorbereitet hatte und im Verlauf eine Woche lang gesendet.
Wie so oft, zumindest in meiner Erfahrung, wenn man mit solcher Skepsis an etwas herangeht, findet man gerade dort Erkenntnisse. Und so haben ausgerechnet die PTs Patric Heizmann und Paul Kliks, die Stichwörter gebracht, die bei mir etliche Puzzelteilchen, die mich gedanklich die letzten Monate so ergebnislos umgetrieben haben, an die richtige Stellen haben rücken lassen.
Sehr wichtig für mich und meinen „neuen“ oder sagen wir besser „weiteren“, Ernährungsweg waren auch die Interviews mit den Ernährungsberaterinnen Daniella Pfeffer, Ulrike Gonder und Julia Tulipan. Die unzähligen weiteren und höchst motivierenden Erfolgsgeschichten-Video-Interviews dürfen natürlich auch nicht verschwiegen werden. Auch sie haben ihren Teil dazu beigetragen mir den Kopf wieder gerade zu rücken, das Jammern sein zu lassen und endlich wieder etwas zu TUN.
Aber zunächst zu meinen „geistigen“ Erkenntnissen. Jepp, in mir stecken so einige Vorurteile und ich neige dazu zu denken es besser zu wissen, weil ich dies oder jenes nicht mache. Zb. mit dem was ich mache Geld zu verdienen, von Natur aus schlanker sein, usw. Totaler Bullshit, aber okay, man ist halt auch nur Mensch.
Wegen diesen, nicht besonders netten und sehr eifersüchtigen Wesenszügen, landen andere, die genau das tun oder das haben, bei mir schnell auf der Abschussliste. Tja … und dann haben mir Patric Heizmann und Paul Kliks doch gezeigt, dass sie genau wissen von was sie reden. Und während mir der eine die Frage, was das Schwierigste, bzw. das größte Hindernis beim Abnehmen ist, beantwortet hat, hat mir der andere klar gemacht, was es mit meiner, nicht mehr funktionierenden, Zielsetzung auf sich hat.
Ich hatte bereits angefangen an mir zu zweifeln, denn niemand schien meine Klagen nachvollziehen zu können und dann erklärt mir einer, ein „hipper“ und „aus den Medien bekannter“ Personal Coach, der selber nie übergewichtig war, dass die größte Hürde beim Abnehmen die anderen sind. Also Menschen, die (höchstwahrscheinlich) ebenfalls den Wunsch haben abzunehmen, das für sich selber nicht auf die Reihe bekommen und derweil deinen Abnehm-Wunsch, bzw. Weg, mit allen Mitteln torpedieren, die ihnen zur Verfügung stehen.
Die Psychologie kennt das unter dem Stichwort „kognitive Dissonanz“. Ein sehr spannendes Thema und es passt. Ein Fakt, an dem es nichts schön zu reden oder schön zu entschuldigen gibt. Ich habe es selber erlebt und erlebe es immer wieder, habe es aber lange nicht als ein Problem erkannt, sondern mich davon sehr stark beeinflussen lassen. Aber wie auch nicht, schließlich handelt es sich hier um Menschen, die ich liebe, mag und mit denen mich Familie, Freundschaft und Vertrauen verbindet. Und, die das natürlich nicht vorsätzlich, sondern vollkommen unbewusst machen.
Ja, und dann musste ich lernen, dass es eben Ziele gibt, die nur so dahingesagt werden, die zu unspezifisch sind oder zu einfach/ zu schnell zu erreichen. Wachsen kann man jedoch nur an denen, die einem so wichtig sind, eine solche Bedeutung für einen haben und so (unerreichbar, fast unmöglich) groß sind, das sie eine echte Herausforderung darstellen. Und es gibt Mittel, Wege und Rituale diese Ziele „richtig“ zu definieren und mit einem erfolgsbringenden Fokus zu verfolgen. Faszinierend.
Unterdessen haben mir die Ernährungsberaterinnen (diese Berufsgruppe hat bei mir ja denselben Status wie Kindergärtnerinnen oder Sozialpädagogen – keinen guten. Aber zumindest kenne ich hier Ausnahmen der Regel! Sorry, sollte ich da jemand auf die Füße treten, aber bei den anderen kenne ich keine) wieder einmal klar gemacht, dass, wenn man Erfolg mit low carb haben will, dann sollte man sich auch low carb ernähren.
Ich kann sie zwar mittlerweile wieder essen (zumindest in Grenzen) trotzdem tun mir (mehr) KHs (und zwar egal welche) einfach nicht gut und es schlicht eine kluge Entscheidung, wenn ich meine ganz persönliche KH-Grenze einhalte (die ich in der Vergangenheit sehr gut kennengelernt habe). Also habe ich die Süßkartoffeln, Haferflocken, -Kleie & Co, wieder einmal aus meiner Ernährung geworfen. Und die Milch gleich hinterher; wobei ich im Moment auch noch an meiner Quark/Joghurt-Zufuhr arbeite, auch Saison bedingt, noch eine Menge Kirschen und Erdbeeren verputzt habe und die Finger noch nicht ganz von den Nüssen lassen kann. Stattdessen hat die Mascarpone und der Löffel Butterschmalz für die Bratpfanne wieder Einzug in mein Ernährungsleben gehalten.
Und siehe da, schon nach kurzem Haferflocken-Entzug kehrte wieder Entspannung an der Naschfront in meinen Tagesablauf ein und der Heißhunger hat merklich nachgelassen. Oh, keine Frage, ich esse immer noch ordentliche Mengen, es wandert immer noch mal was zwischendrin in meinen Mund und am Gewicht hat sich auch nichts getan, aber grundsätzlich bin ich endlich wieder viel zufriedener mit meiner Esserei. Übrigens, dabei ist mir völlig egal, was die Wissenschaft dazu sagt. Ob nun in Studien nachgewiesen, dass lchf nicht satter macht als eine high carb Ernährung, oder nicht, ist mir völlig egal. Für mich funktioniert es (woran ich jedoch gelegentlich erinnert werden muss). Punkt.
Meine tägliche KH-Grenze soll noch weiter runter und natürlich auch die Essensmenge. Doch eines nach dem anderen – das habe ich mir schwer vorgenommen. Nicht panisch um sich hauen, sondern aus Fehlern lernen und besser weitermachen.
Also, mein Reset zusammengefasst:
Zurück zu low carb (unter 50 g KHs pro Tag) high fat (jedoch nur im normalen Maß, keine extra fat-Exzesse, wie ich das in der Vergangenheit so gerne gemacht habe – und damit total aufgelaufen bin).
Zurück zu 4 Mahlzeiten, ohne Zwischendrin essen/Naschen/Snacken oder was auch immer.
Zurück zu einem festen Trainingsplan, 3 x die Woche Krafttraining nach Plan, plus optional 1 x 45 min Cardio.
Zurück zu 3 x die Woche min. 10 000 Schritte Bewegung.
Zurück zur Mengenkontrolle, also Anstreben eines Kaloriendefizites (vorerst noch weiter ohne Kalorienzählen).
Zurück zu handschriftlichen Tagebuchnotizen, über Zielsetzung, Fehler, Lösungen und einem detailliert geführten Ernährungstagebuch; eine für mich neue und noch sehr ungewohnte Vorgehensweise, an der und mit der ich noch viel arbeiten und mich ausprobieren muss.
Zurück zur gedanklichen und optischen Visualisierung meiner Ziele, am besten vor dem Schlafen gehen; was ich noch üben, das klappt noch gar nicht.
So, das sind eine Menge Aufgaben und mir ist schon klar, dass ich nicht alle auf einmal bewältigen, bzw. angehen kann. Aber das ist okay so. Hauptsache ich halte mich am Laufen, egal in welchem meiner angesetzten Punkte. Und hier kommen dann meine Motivationsgläser ins Spiel, die ich entstaubt und „modifiziert“ habe, sodass ich mir für Training, Bewegung, Kaloriendefizit oder dem Einhalten von 4 Mahlzeiten, also naschfreien Tagen nun Steine „verdienen“ kann. Sind alle Steine, ich glaube es sind so an die 100 Stück, ins „verdient“-Glas umgezogen, winkt mir eine neue Fitness-Uhr.
Ich habe mir bewusst diesmal kein Gewichts(zwischen)ziel gesetzt, weil ich finde, dass diese Aufgaben erst einmal wichtiger sind und im besten Fall, ja eh auf eine Abnahme abzielen. Zudem lässt sich das Steine verdienen Spiel, ja, sollte es funktionieren, beliebig verlängern und mit immer neuen Zielen und „Gewinnen“ definieren.
Vielleicht mag das für den ein oder anderen wie ein kindisches Spiel klingen (und ja, die neue Fitnessuhr würde ich mir eh irgendwann kaufen), doch ich habe definitiv viel zu wenig Spielerisches in meinem Leben. Passt also.
Es gibt eine Menge zu tun, aber endlich fühle ich mich wieder auf dem Weg, der nach Konfuzius ja bekanntlich das Ziel ist. Und mein Seelenleben dankt es mir mit mehr Ruhe, als ich das letzte halbe Jahr gespürt habe. Endlich kann ich ehrlich behaupten, dass ich mich wieder besser fühle. Auch wenn dieses Gefühl im Moment noch etwas fragil ist, so ist es aber wieder da.
Noch ein PS: Ich habe mit dem täglichen Wiegen aufgehört und steige fortan wieder nur 1 x die Woche auf die Waage; was durchaus eine Herausforderung ist. Diese Woche hatte ich 3 kg mehr als letzte Woche. KANN ich nicht zugenommen haben, bedeutet aber die totale Anti-Motivation. Und ist mal wieder ein schönes Beispiel dafür, wie sehr die Anzeige auf der Waage sich auf meine Stimmung, Motivation und Frustfuttern (kleine samstägliche Back- und Nasch-Orgie, mit Haselnuss-Muffins und Mandel-Cookies!) auswirken kann.
Ich habe definitiv die Woche über nicht wenig gegessen, sondern das was ich wollte und wann ich wollte (Steine für Naschfreie Tage konnte ich mir nicht verdienen), mich aber die Woche über richtig gut und richtig schlank gefühlt und sogar den Eindruck gehabt, dass die Hosen wieder etwas lockerer sitzen. Ich überlege nun, ob es sinnvoll wäre, wenn ich mich nur noch einmal im Monat wiege? Doch dagegen spricht im Moment noch meine Angst, die Kontrolle zu verlieren, wenn ich nicht die Kontrolle habe. Aber da ich nun ja weiß, dass mir, um nicht orientierungslos herumzuirren, wie das letzte Jahr, die Ziele nie ausgehen dürfen, wird sich auch für diese Aufgabe noch eine Verwendung finden.