Wut …. auf alles
Veränderungen sind gut. Ein ausbrechen aus alten und ein Ersetzen durch neue Muster.
Veränderungen können aber auch negativ wahrgenommen werden – je nachdem aus welchem Blickwinkel man sie betrachtet.
Ich wusste, dass sehr viel Gewicht verlieren, Veränderung mit sich bringen würde. Vor manchen habe ich mich gefürchtet, davor meinen Fettschicht-Schutzraum zu verlieren. Und gleichsam sehnlichst erwartet, um endlich mit meinem (nun freigelegten) echten Kern auftreten zu können.
Dass diese Veränderung aber auch in anderer, nicht körperlicher, Hinsicht bedeutend sein könnte, damit habe ich nicht gerechnet. Auch nicht damit, dass meine Umwelt, damit nicht so gut zurechtkommt.
Freunde, Bekannte und Familie, die mich schon seit vielen Jahren kennen, kannten bisher nur mein träges Ich, dass ständig mit Ausreden an der Hand war, warum es dies und das nicht ändern wolle. Ein Ich, das in seiner Starre verharrte und dem es genauso schlecht oder schlechter ging als den anderen.
Seit ich immer wieder mit einem Sohn diskutiere, der mit viel Begeisterung Soziologie studiert, sind mir viele soziologische Mechanismen bewusst geworden. Dieses nach außen hin etwas unscheinbare Studienfeld, ist als tatsächlich sehr spannend und erklärt viele Zusammenhänge, die mir bisher im menschlichen Miteinander nicht so klar war.
Ja, ich habe mich verändert und ja, meine Umgebung ist dabei nicht mitgekommen, schließlich habe ich ja auch ein ganz schönes Tempo vorgelegt. Aber wie kommen wir nun wieder zusammen? Insbesondere da mir im Moment völlig die Geduld zu fehlen scheint, mich dabei etwas zurückzunehmen oder gar zu drosseln, damit alle anderen Zeit haben, die Veränderung nachzuvollziehen.
So war ich in der letzten Zeit ziemlich „gut drauf“ und habe gleich eine nicht bescheidene Anzahl von Freunden ordentlich vor den Kopf gestoßen. Nun meine Absicht war das definitiv nicht, vielmehr habe ich es als sehr befreien empfunden, endlich einmal mit meinem „wahren Kern“ auftreten zu können. Und ich finde es toll. Befreiend. Endlich bekomme ich wieder Luft.
Das Problem dabei ist jedoch, dass ich meine, innere Rebellin, meine Zicke, meine innere Prinzessin bisher auch nicht kannte, weil ich sie stets zum Schweigen gebracht habe. Schließlich wollte ich die Liebe, die Nette, die Unkomplizierte sein, die jeder mag – trotz unansehnlichen Übergewichts.
Meine Zicke und ich, wir lernen uns also gerade erst kennen. Da sind Missverständnisse vorprogrammiert und es ist einfach damit zu rechnen, dass „ihre“ Stichwörter schlicht zur falschen Zeit fallen und ich nicht wirklich weiß, wie ich mit den Folgen umzugehen soll. Vielleicht muss ich einfach hinnehmen und akzeptieren, dass ich dabei so einige gekränkte Gemüter auf der Strecke zurücklasse.
Und, dass da diese Wut in mir ist – die ich mir so gar nicht erklären kann.
Dabei habe ich versucht „Zicke“ und „Wut“ zu erklären – bin damit aber grandios gescheitert. Entweder erkläre ich nicht gut? Oder keiner nimmt mich ernst, sondern will glauben, dass das nur eine Phase ist, die sich wieder von alleine weggeht.
Für den Moment scheint mir ein Rückzug erst einmal sinnvoll; sich die Wogen glätten lassen, den Schock über die neue Bekanntschaft mit meiner Zicke, setzen zu lassen. Nur ist das keine dauerhafte Lösung, weil ja weiterhin Berührungspunkte bestehen bleiben und ich die Verbindungen natürlich auch nicht aufgeben will.