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Das Wurst-Brot

Ein auf Facebook geteiltes Foto, auf der Seite einer Selbsthilfegruppe, zeigt eine (kleine) Scheibe Brot mit 3 Scheiben Salami belegt und trägt ua. die sinngemäße Aussage, eine Adipositas OP bedeute nicht nur Abnehmen und Gewicht halten, sondern auch wieder Genuss und Spaß am Essen zu finden, sich ohne Verbote zu ernähren und sich und seinem Körper zu vertrauen.

Ich erlebe immer wieder, dass „Genuss, Spaß und keine Verbote“ in Adipositas-Selbsthilfegruppen propagiert wird. Meiner Meinung stellt, dass eine (schlechte) Verkaufsstrategie für Adipositas OPs dar (weil sie nun mal nicht für jeden funktioniert). Sie macht eine Adipositas OP zu der Art von Alternative, die impliziert: du darfst essen was du willst, wenn du dich nur operieren lässt. Und ich empfinde das als höchst problematisch – insbesondere da eine Adipositas OP tatsächlich über das Potenzial verfügt eine hilfreiche Stütze zu sein!

Ich würde es begrüßen, wenn in den Gruppen endlich damit begonnen würde, Ernährung nach Adipositas OP immer in Zusammenhang mit der Geschichte des Patienten zu sehen und deutlich differenzierter anzugehen. Denn natürlich – und auch das macht die Sache so problematisch – gibt absolut Patienten, die nach OP mit dem Genuss-Prinzip und „endlich alles essen können“, sehr gut zurechtkommen. Doch das gilt eben nicht für jeden.

Meiner Erfahrung kann nicht jeder mit Spaß am Essen umgehen – und ich schon mal gar nicht. Für mich ist es essenziell, um mein Gewicht auch nur annähernd halten zu können, dass ich immer weiter daran arbeite, Ernährung als „ein Nähren meines Körpers, um funktionstüchtig zu sein und zu bleiben“ umzusetzen. „Spaß“ und „Essen“ in Zusammenhang zu bringen, tut mir nicht gut; und auch 8 Jahre nach OP und intensiver Arbeit an diesem Thema, hat es das für mich nicht möglich gemacht und wird es vermutlich auch nie. Und „Genuss“, der kam für mich überhaupt erst, als mein Organismus zum ersten Mal frei von Süße, Zusatzstoffen und Geschmacksverstärker wurde.

Auch wenn ich immer wieder Versuche wage begrenzte Mengen an komplexen und ausgesuchten Kohlenhydrat-Quellen in meine Ernährung einzubauen, so fällt es mir doch immer noch schwer damit eine Balance zu halten. In vielen Jahren des Ausprobierens habe ich für mich herausgefunden, dass das für mich heißt: ja, zu tierischen Proteinen und Fetten, ja, zu grünem Gemüse zur Ergänzung und nein, zu allem anderen, was der Supermarkt darüber hinaus zu bieten hat. Deshalb finde ich es auch so wichtiger, dass endlich damit aufzuhören von „Verboten“ zu sprechen und darüber reden, was wir gewinnen können, wenn wir unsere Ernährung auf unsere persönlichen Bedürfnisse ausrichten. Der Harken bei der Sache ist, dass wir diese persönlichen Bedürfnisse erst einmal erkennen müssen. Und das funktioniert nur über den Selbstversuch, über Ausprobieren und Ausschließen – und es bedeutet eine Menge Aufwand und Engagement. Doch daran führt kein Weg vorbei, denn eine Lösung für alle gibt es dabei nicht.

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