Meine Top 5+ Ausreden, keine Diät zu machen
Verschwurbelte Begründungen, bewusste Miss-Interpretationen und unreflektiert übernommene Fettlogiken – um eine Diät abzubrechen oder erst gar nicht anzufangen, habe ich in der Vergangenheit (und manchmal auch noch heute) viele Ausreden angebracht.
Ich kenne kaum einen Menschen, der es nicht perfekt beherrscht, sich selber zu belügen. Und tatsächlich ist auch, wie ich gelernt habe, eine notwendige Eigenschaft um die eigene Psyche stabil und im Ausgleich zu halten. Die kommt nämlich gar nicht damit zurecht, wenn ein Widerspruch herrscht. Leider ist das, in den meisten Fällen, für die eigene Entwicklung, nicht so nützlich.
Wenn man also aus dem Autohaus rausgeht und sich fein redet, dass man genau das Schnäppchen gemacht hat, was man sich versprochen hat, tatsächlich aber mehr bezahlt hat (weil einem der Autohändler geschickt, noch dies und das noch Extra dazu verkauft hat), ist das die eine Sache. Sich aber darüber selber zu belügen, dass man sich mit 120 kg-Übergewicht glücklich, gut und gesund fühlt, eine ganz andere; finde ich.
Es war für mich immer ein leichtes, vor mir selber zu rechtfertigen, warum ich jenes 120 kg-Übergewicht behalten soll und damit absolut jede Überlegung ernsthaft abzunehmen unterbunden habe. Und es war zurückschauend, wohl letztendlich auch der Grund, warum ich Diäten, wenn ich denn mal eine gestartet habe, immer nur halbherzig durchgezogen habe.
Seine eigenen Selbstlügen an den Mann oder die Frau zu bringen, ist dagegen schon etwas problematischer. Aber da die meisten Menschen in meinem Umkreis ebenfalls mit solchen Probleme zu kämpfen haben (wenn auch nicht immer unbedingt in Sachen Gewicht), bzw. jeder Mensch, für sich, schnell ist Gründe zu suchen, anstelle Wege zu finden, kommt man in der Regel damit durch.
So richtig bewusst geworden ist mir das mit dem Selbst-Belügen erst, als ich mir, 2014, mit meinem Anke 2.0-Projekt, aktiv vorgenommen habe, mich zu ändern und mich, und auch andere, (ua. in Sachen Gewicht) nie wieder zu belügen.
Dabei steht mir jedoch im Wege, dass diese Selbstlügen so tief in mir verankert sind, dass es a) zum einen nicht einfach ist, sie aufzustöbern und b) ich sie immer noch automatisch von mir gebe (und damit quasi für mich bestätige), sodass es manchmal Tage dauert, bis ich die „Falle“ erkannt habe, in die ich da mal wieder getappt bin.
Meine Top 5+ Ausreden, keine Diät zu machen
- „Man muss essen, um abzunehmen.“
Schließlich muss ich ja was essen, ist einer meiner Klassiker. Und grundsätzlich ist die Aussage ja auch korrekt, zumindest wenn man sich auf eine langfristige Ernährungsumstellung bezieht und nicht auf eine zeitlich begrenzte Fastenkur. Und dazu noch ein paar andere Dinge miteinbezieht. Ich habe sie jedoch immer als Freifahrtschein dafür genutzt, alles („schlechte“) essen zu können, was ich wollte und in jeder Menge, die ich bevorzuge. Denn verschwurbelter Weise war in meinem Kopf nur „nichts essen“ auch „gut“ und da ich ja eh „böse“ war … also her mit.
- „Ich esse eben gerne/mir schmeckt es eben.“
Das gehört in dieselbe Abteilung, weil „Genuss“ für mich lange mit Masse und Masse mit Qualität verwunden war.
- „Es ist eh alles egal.“
Ja, die geliebte Opfer-Rolle. So komfortabel, so bequem und so einfach sich darauf auszuruhen. Wie oft habe ich diese ausgespielt – und bin damit immer gut vor mir und anderen weggekommen! Die wollten mir vermutlich alleine deswegen schon nicht widersprechen, um mir nicht weh zu tun. Was grundsätzlich natürlich sehr nett, aber vollkommen kontraproduktiv.
- „Nächste Woche ist Weihnachten/Ostern/Geburtstag/Betriebs-/Familienfeier ….“
Ich denke, dass ich mir immer eingeredet habe, dass nur, weil Weihnachten ist die Kalorien nicht zählen, die ich zu mir nehme, weil „wenigstens an Weihnachten“ muss ich es mir doch gutgehen lassen können, oder? Was für ein Blödsinn. Ich frage mich heute wirklich, wie ich es mir jemals habe einreden können, dass ich es mir einmal nicht habe „gutgehen“ lassen. Für mich war quasi immer Weihnachten. Auch hier wieder das Problem, dass Quantität für mich immer auch Qualität bedeutet hat.
- „Morgen fange ich an.“
Muss ich noch etwas dazu sagen? Nein, ich glaube nicht.
- „Der Tag/Woche/Monat ist eh im Arsch/kann ich in die Tonne kloppen…“
Hach ja, noch so eine Sache, die ich nicht nur immer noch regelmäßig von mir gebe, sondern auch immer noch auslebe. Ja, die Gelegenheiten sind seltener geworden und diese Sache liegt auch schon viel näher an der Oberfläche meines Bewusstseins, sodass ich sie mittlerweile recht zügig bearbeiten kann. Aber einfach zu akzeptieren, dass eine gute, gesunden und gewichts-optimale Ernährung auf 365 Tage im Jahr ausgelegt sein sollte und nicht mit einer oder zwei Mahlzeiten, auch nicht mit 7 Tagen, steht und fällt, ist nach wie vor nicht so ganz einfach für mich.
- „Keine Zeit, mich darum zu kümmern.“
Kommen wir endlich mal zu einem Punkt, den ich für mich persönlich begraben konnte. Diese Ausrede lasse ich nicht mehr zu. Bei keinem. Weder bei mir noch bei anderen. Du willst etwas, dann TUE es. Es führt kein Weg (und keine Ausrede und kein innerer Schweinehund) daran vorbei.
- „Mein innerer Schweinehund ist schuld.“
Und hier ist er schon, der Gute. Und tatsächlich habe ich (mein Dank an dieser Stelle an Patric Heizmann) gelernt ihn als den „Guten“ zu sehen. Denn er liebt sein Frauchen über alles und ist immer darum bemüht, dass es ihr so gut wie möglich geht. Warum soll das Frauchen vom Sofa aufstehen, wo es doch gerade so bequem sitzt und zum Sport gehen? Nun, weil Frauchen das so will. Sie muss es nur eben noch dem Schweinehund beibringen. Doch leider ist er grundsätzlich nur sehr schwer erziehbar und wird schnell rückfällig.
- „Es hat alles keinen Zweck, ich habe einfach keine Disziplin.“
Hallo geliebtes Opfer? Warum machst du dich selber schlecht?
Nein, es liegt nicht an erster Linie an deiner Disziplin. Natürlich ist Disziplin ein wichtiger Punkt, aber sie ist auch nicht endlos. Jeder Mensch kann seine Diszplin immer nur über einen gewissen Zeitraum halten. Es ist viel wichtiger, dass du die Grundlagen einer Diät nicht nur verstehst, sondern auch akzeptierst, deine Zielsetzung nicht schwächelt und deine Umsetzung von keinen Ausreden geprägt ist.
- „Bei mir hat es noch nicht klick gemacht.“
Ich habe das immer gerne als Ausrede herangezogen, doch heute ist er ein absolut „rotes Tuch“ für mich. Wie bescheuert ist es denn ein „Klick“ im Kopf als Ausrede zu benutzen? Ja, woher soll das „Klicken“ den kommen, hoffst du etwa immer noch, dass es einfach so auf dich runterfällt?
- „Mein Arzt hat gesagt, ….“
Ich habe mein Leben lang über Ärzte gejammert, über ihre angebliche Unfähigkeit meine „dicken“ Probleme zu verstehen und ihre Aussagen, in meiner ganz eigenen Interpretation als Ausreden angeführt. Keine Frage, die Arzt/Übergewicht/Ernährungsproblematik ist natürlich immer noch da und meine Kritik stärker den je, doch heute habe ich ein vollkommen anderes Verständnis davon entwickelt – weil ich gelernt habe ein mündiger, informierter und kritischer Patient zu sein.
- „Ich vertrage Lebensmittel XY nicht.“
Ja, richtig, ich vertrage manche Lebensmittel einfach nicht. Aber mal ganz ehrlich, wie es damit geschafft habe, mir eine so verschwurbelte Ausrede zurechtzulegen, die mich am Abnehmen hindert, ist schon ganz schön dreist.
- „Ich habe gute Blutwerte.“
Auch richtig, die hatte ich immer. Frag sich nur, wie lange ich sie noch gehabt hätte? Es wäre schon mal interessant gewesen, wie ich mir, in der Folge, dann selber ein Diabetes Typ 2 erklärt hätte.
- „Ich bin doch fit (für mein Gewicht) und damit sogar viel beweglicher als …“
Sich etwas drauf einzubilden, dass man schließlich mit 200 kg beweglicher sein als andere ist schon unglaublich. Insbesondere wenn, man sich nicht mal mehr selber die Schuhe zubinden kann.
- „Ich bin groß und habe ein stabil gebautes Skelett. Wie sähe ich den mit X kg aus? Schrecklich abgemagert, wahrscheinlich.“
Über den Wahn, einfach mal so vom Übergewicht ins Untergewicht rutschen zu können, habe ich ja schon mehrfach geschrieben. Wenn ich ihn selber nutze, dann ist es eine Selbstlüge und wenn anderen ihn nutzen Eifersucht und Neid.
- „Bevor ich mich nicht so lieben kann, wie ich bin, kann ich auch nicht abnehmen.“
Ich will gar nicht bestreiten, dass das für bestimmte Menschen gelten mag und solche Aussagen mögen auch ihre Daseinsberechtigung habe, nicht umsonst gibt es Konzepte wie „Hunger und Sehnsucht“ von Maria Sanchez. Doch ich habe für mich erkannt, dass ich alle die Ratgeber, die ich immer so leidenschaftlich verschlungen habe, allein als Ausrede genutzt habe, um das Thema Abnehmen erst gar nicht angehen zu müssen.
- „Ich fühle mich so wohl, wie ich bin.“
Das habe ich mir (und anderen) immer und immer wieder versucht einzureden. Doch ich habe es nie geglaubt. Ich habe mich mit 192 kg nicht wohlgefühlt. Ich war nicht zufrieden damit, wie ich war. Allerdings war auch nicht wirklich förderlich, dass ich mich stattdessen darauf konzentriert habe, mich zu hassen und zu verachten. Aber das war immer noch besser als etwas zu TUN.
Ausreden und Selbstlügen mögen grundlegend ganz nützlich für unser geistiges Wohlbefinden sein, damit sich dieses im Gleichgewicht fühlen kann, wenn die Tatsachen mal nicht so sind, wie sie sein sollen. Doch wenn man etwas erreichen will, dann helfen sie nicht.
Ich, für mich, musste erst akzeptiert und wirklich verstehen, dass ich TUN muss, um etwas verändern zu können. Und dann aus dem TUN heraus, Motivation, Disziplin und Selbstbewusstsein erwachsen kann, die wiederum mein TUN antreibt und fördert. Und dass dieser Kreislauf auch nur so lange funktioniert, solange ich auch am TUN bin.
Und egal, wie sehr ich versucht bin mir einzureden (oder auf diese Aussage anderer zu hören), man könne sich nun ja „auf den Lorbeeren ausruhen“, schließlich hat man sich ja „etwas verdient hat“ – es ist keine gute Idee. Ich habe mir es lange genug „gut gehen lassen“. Gebracht hat es mir am Ende überhaupt nichts.