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„2 Jahre Schlauchmagen“ – ein Streifzug durchs Netz

„2 Jahre Schlauchmagen“, unter diesem Stichwort habe ich mich ein wenig im Netz herumgetrieben, um Blogger zu finden, die über mindestens diesen Zeitraum, ihren Weg und ihr neues Leben mit einem Schlauchmagen dokumentiert haben. Natürlich kenne ich auch persönlich andere ältere Schlauchmägen (3, 4 und 5 Jahre), mit denen ich mich regelmäßig austausche, doch natürlich interessiert mich auch ein weiter gefasster Einblick.

Doch wie vieles im Netz, so mögen sie zwar da sein, die persönlichen Schlauchmagen-Blogs, doch leicht zu finden, sind sie nicht. Neben vielen Blog-Leichen (angefangen, aber nie weiter gemacht oder kurz vor Antrag/kurz nach/vor OP/nach den ersten Erfolgen – aufgehört), konnte ich nur wenig wirklich Aufschlussreiches über eine persönliche Entwicklung auf lange Zeit finden.

Wenn auch mit wenig Blogger-Ausdauer ausgestattet, so waren die Schlauchmägen, die ich online finden konnte, doch sehr erfolgreich. 50, 80 oder 100 abgenommen Kilos sind keine Seltenheit, was ich unglaublich toll finde. Und dass obwohl die Prognosen, zumindest die, die man mir vor 2 Jahren servierte, nicht allzu zu toll waren: 30 – 40 % des Übergewichtes könne man mit den Schlauchmagen abnehmen.

Nun mittlerweile ist zu lesen, dass man mit einem Schlauchmagen – je nach Quelle – zwischen 50 – 80 % des Übergewichtes verlieren könnte; was eine ganz andere Hausnummer ist und meiner Einschätzung nach auch realistischer. Und mich einschließt, die bisher 86 % ihres ehemaligen Übergewichtes verloren hat.

Keine Überraschung für mich war, zu lesen, dass nicht nur die, die, wie ich noch auf dem Weg sind, sondern auch die, die ihr Ziel bereits erreicht haben, ihre Probleme mit dem Essen und dem Gewicht nie zu den Akten legen werden können. Auch wenn es zunächst noch der treibende Gedanke war, so wird doch allen schnell klar, dass sie sich auch mit Schlauchmagen (oder einer anderen Adipositas-OP) für den Rest ihres Lebens mit ihrem Gewicht und ihrem Essverhalten auseinander setzten und damit kämpfen müssen.

Interessanter waren da die Berichte von Schlauchmagen-Bloggern, die sich immer wieder zu große Essensmengen pro Mahlzeit zumuten und in der Folge mit Übelkeit zu kämpfen haben, sich übergeben müssen oder/und von Darmprobleme berichten. Auch ich persönlich kenne einen Schlauchmagen, die immer zu viel isst und sich regelmäßig übergibt. Ich habe zwar auch an manchen Tagen mit zeitweiliger Übelkeit zu kämpfen, weil ich zu viel und zu schnell esse, freue mich jedoch sagen zu können, dass ich mich bisher noch nie übergeben habe und bin recht stolz darauf, dass auch die Sache mit der Übelkeit im letzten halben Jahr selten geworden ist.

Eine weitere Übereinstimmung von mir und verschiedenen Bloggern habe ich in dem Thema gefunden, was den Verlust der Möglichkeit betrauert „mal so richtig reinzuhauen“, also zu essen wie ein „Großer“. Es mag sich völlig verquer anhören, weil es doch gerade das war, was uns in die Bredouille gebracht hat, aber ich kann das gut verstehen und es ging mir auch schon selber so, dass ich neidisch meine Mitesser dabei beobachtet habe, wie sie ein XXL-Schnitzel, samt Riesen Portion Pommes und Salatteller verdrückt haben. Was gleichzeitig meine Rettungsseil bedeutet und der doppelten Boden ist, auf den ich setzte, wird manchmal auch zur quälenden Bürde, der man einfach nicht mit gesundendem Menschenverstand bei kommen kann.

In diesem Punkt können wir die Low Carbler unter den Schlauchmägen einmal außen vorlassen: Einige Blogger berichten darüber, dass sie, mit der Zeit, dazu übergegangen sind, vermehrt Süßes (also Haushaltszucker- und stark Kohlenhydrathaltiges) zu essen (inkl. drohender oder bereits vorhandener Gewichtszunahme). Auch eine meiner Schlauchmagen-Bekannten hat mit dem Thema Probleme, sodass sie wieder 30 kg zugenommen hat und deswegen seit geraumer Zeit komplett auf Süßes verzichtet. Wir amüsieren uns immer ein wenig darüber, doch sie hält sich strikt dran lediglich an Süßem zu schnuppern um ihre Gier zu befriedigen – und ist erfolgreich damit und ist wieder zurück auf ihrem persönlichen Gewichtstiefstand.

Das nächste Thema was mir, wegen seiner Häufigkeit der Nennung, aufgefallen ist, ist dass die Schlauchmagen-Blogger dazu neigen den ganzen Tag zu essen. Das sind zwar wahrlich keine Gelage auf einmal, aber Kleinvieh macht halt auch Mist. Und hier sind wir genau bei dem Thema was mich auch am meisten beschäftigt und ich fand es sehr beruhigend, dass ich damit nicht alleine bin. Ich könnte alle halbe Stunde was essen (dh sobald mein kleiner Magen wieder soweit wieder Platz zur Verfügung hat) und mir fällt es unglaublich schwer auch nur ein Minimum Pause einzuhalten, ich strebe da min. 3 Stunden an, bevor ich mir erneut was in den Mund stecke. Ich konnte jedoch feststellen, dass es besser wird, wenn ich meinen Essenstag sehr gründlich, großzügig und genussvoll durchplane und mich beschäftigt halte. An planlosen Tagen ist die Menge, das Durcheinander- und in kürzeren Abständen-Essen viel problematischer.

Ein letzter Punkt, der immer wieder angesprochen wurde, der mich aber dann doch überrascht hat, weil er meines Erachtens doch recht ausführlich vor und nach der OP besprochen wird, ist Vitamin- und Eisenmangel, aufgrund fehlender oder falscher Substituierung. Vielleicht weil ich am eigenen Leib, das war noch vor der OP, erfahren habe, was so ein Vitamin D3/Vitamin B12/Eisen-Mangel mit mir anstellen kann, halte ich mich nach wie vor an die Vorgaben meiner Klinik. Und kommen mir andere Empfehlungen in die Quere, wie just beim Gastroenterologen, der die mir empfohlene Substituierung als viel zu hoch eingestuft hat, stelle ich schlicht auf Durchzug. Bisher bin ich damit hervorragend gefahren und für den Moment habe ich nicht vor etwas daran zu ändern.

Und dann bin ich, und ich setzte diesen Fund ans Ende meines Streifzuges durchs Netz, um mit diesem Plädoyer für mehr gegenseitiges Verständnis für heute abzuschließen, noch auf den You Tuber „OneTouchNeuss“ gestoßen und sein → „KLAR TEXT! Ihr geht mir auf den Sack …„-Video.

Ich würde es zwar nicht in der Art formulieren, aber in seiner Grundaussage spricht mir „OneTouchNeuss“ aus der Seele. Denn auch ich finde, es sehr bedauerlich, immer wieder in Foren oder von Bloggern abgelehnt, verurteilt und abgewertet zu werden, die sich entschlossen haben, ohne OP ihren Abnehmweg zu beschreiten.

Fast genauso traurig finde ich es, dass auch die Schlauchmägen und Bypässler verschämt ihre Köpfe hängen lassen und sich beschimpfen lassen, weil ihnen (auch von den Medien) eingeredet wird, was für eine schmähliche Entscheidung, sie da getroffen haben.

„Ach, du hast eine Adipositas-OP, na dann ist es ja kein Wunder, dass du so viel abgenommen hast!“ Nein, es ist kein Wunder! Es ist das Ergebnis davon, meine eigenen Kräfte mobilisiert, endlich den Hintern hoch bekommen zu haben und mir die Hilfe geholt zu haben, die ich und meine Ärzte zum Entscheidungszeitpunkt für machbar hielten.

Egal welchen Weg man wählt, ob Low Carb, Low Fat, mit oder ohne Schlauchmagen, sich gegenseitig zu verurteilen und abzuwerten bringt keinen weiter. Nur wenn wir alle, die mit ihrem Essen und ihrem Gewicht Probleme haben, zusammenhalten und uns offen und interessiert austauschen, können wir etwas bewegen – und am Ende gewinnen.

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