Ernährung nach Schlauchmagen OP
Allgemeingültige Ernährungsempfehlungen und warum es für mich Sinn macht, diese zu befolgen (oder auch nicht)
Ich lebe nun schon seit einigen Jahren mit meinem Schlauchmagen und bin seit dem durch verschiedene Ernährungsphasen gegangen; freiwillig und unfreiwillig, denn mein (auch wenn es heutzutage en vogue zu sein scheint, dem eigenen Schlauch oder Bypass einen Namen zu geben, immer noch namenloser) „Schlauchmagen“, hat seinen eigenen Kopf.
Schon seit einer Weile kann ich wieder „normale/western diet“ Portionen essen (in der Menge der Nahrung, wie auch in der Menge der Kohlenhydrate; theoretisch, praktisch möchte ich so natürlich nicht umsetzten) und schaffe es damit aktuell – wenn ich nicht zu viel am Snacken und „Grasen“ bin (eines meiner großen Baustellen) und meine alltägliche Aktivität beibehalte – mein Gewicht zu halten.
Mein Schlauchmagen schützt mich auch heute noch verlässlich davor bei einer Mahlzeit zu viel zu essen, indem er mich mit Druckschmerzen und Voll-Gefühl daran erinnert, dass er kleiner ist als normale Mägen. Er ermahnt mich, nicht gleichzeitig zu essen und zu trinken (Druckschmerzen im Magen), nicht zu viel zu schnell herunterzuschlingen (Schmerzen und Staugefühl in der Speiseröhre) oder gründlich zu kauen (was ich oft nicht tue und mir dann das Essen wie „Steine“ im Magen liegt).
Aber er lässt eben auch zu, dass ich mich munter durch den Tag snacken kann und unendlich viele kleine Portionen essen kann. Das was am Ende des Tages so an Kleinkram auf meiner „das habe ich heute gegessen“-Liste steht, die ich zur Kontrolle, zeitweise stellvertretend zum Kalorien tracken führe, ist definitiv nicht dazu geneigt mein Gewicht zu halten.
In den ersten Monaten nach der OP, habe ich den Ernährungsempfehlungen meines operierenden Krankenhauses nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Rückblickend muss ich sagen, dass ich damit persönlich sehr gut gefahren bin. Mir war bewusst, dass ich einiges an (Fett/Energie-)Reserven in meinem Körper gespeichert habe und nicht „vom Fleisch fallen“ werde, wenn ich mal eine Weile nur sehr sehr wenig esse oder einfach nur das, was ich auch will, bzw. was ich eben kann. So war ich frei im Kopf, ohne Druck Regel folgen zu müssen und konnte meinen „Nach OP-Honeymoon“ (kein Hunger, keine Lust zu essen und sich dabei auch nicht gedanklich ums Essen scheren zu müssen, sich leer und leicht zu fühlen) so richtig genießen.
Zusätzliche Sicherheit hat mir meine regelmäßige und gewissenhafte Supplementation gegeben, die ich gemäß den Empfehlungen schon vor der OP angefangen habe durchzuführen (und immer noch ausführe), sowie meine low carb-Ernährung, die es mir leicht gemacht hat (auch im Kaloriendefizit) meinen täglichen Proteinbedarf zu decken.
Zudem hat sich vieles, der allgemeinen Empfehlungen, eh von selber erledigt, bzw. ich habe sie intuitiv befolgt, weil mir gar nichts anderes übrig blieb. Wie zb. Trinken und Essen gleichzeitig, Getränke mit Kohlensäure zu konsumieren, nicht zu scharf gewürzt essen oder beim ersten Anzeichen von Völlegefühl die Mahlzeit zu beenden.
Mit den Jahren, dem stockenden Gewichtsverlust und dem folgenden Kampf, das erreichte Gewicht zu halten, bekommen die Ernährungsempfehlungen nach Schlauchmagen OP jedoch immer größere Bedeutung für mich. Mich an sie zu erinnern und mich daran zu orientieren, ist zu einer echten Hilfestellung geworden.
Die folgende Liste (meines Erachtens sinnvoller) Ernährungsverhaltensweisen und meiner Erfolge und meinen Fehlern damit, orientiert sich an den allgemeingültigen Ernährungsempfehlungen nach Adipositas OP (für Sleeve und Bypass):
Nimm deine Supplemente.
Seit ich erkannt habe, welch eklatante Mängel ich als stark Übergewichtige hatte und welche Auswirkungen diese auf mich und mein Wohlbefinden hatten, gibt es für mich keine Ausreden mehr meine Supps nicht zu nehmen.
Essen und Trinken trennen, ein Leben lang.
Gut, so wirklich streng darauf geachtet, vor und nach dem Essen eine 30 min. Trinkpause einzuhalten, habe ich in den ersten Jahren nicht. In der Regel ergab es sich einfach so, weil es gar nicht anders ging, aber es hätte also optimaler laufen können, wenn ich gewollt hätte.
Aber ich habe die Empfehlung nie aus den Augen verloren und mich immer darum bemüht; vor allem was das hinterher Trinken betraf/betrifft.
Heute trinke ich bis ans Essen heran, aber nach dem Essen halte ich die 30 min Regel-„Nicht trinken“ ein. Ich habe einfach das Gefühl, dass es mir viel bringt, den Magen nach dem Essen so lange wie möglich voll, zufrieden und satt zu halten und nicht alles gleich wieder mit Trinken „herauszuspülen“. Da ich ansonsten prima in der Lage bin, in einem relativ kurzen Zeitraum, so etwa 30 min., erneut etwas zu essen, ist das absolut sinnvoll.
Ausreichend Trinken.
Vor einer Weile hatte ich die unschöne Erfahrung, was es für die Verdauung und das Befinden bedeuten kann, über Tage zu wenig zu trinken (hier gibt es noch den alten Beitrag von mir dazu). Seit dem habe ich mir ein tägliches Minimum von 3 Liter Wasser gesetzt und hier rechne ich ausschließlich Wasser. Okay, dabei mogle ich etwas, weil mir manchmal „nur“ Wasser trinken durchaus schon schwerfällt. 1 Liter davon „darf“ ich mit low carb-Sirup versetzten, wobei ich mich im Moment verstärkt engagiere mich in aromatisierten „Marke Eigenkreation„ Wassern auszuprobieren (auf dem Foto: Zitrone und Erdbeeren, auf der Grundlage von Waldfrüchtetee).
Alle weiteren Getränke, sowie die Flüssigkeit im Essen, zähle ich aus Prinzip nicht in die 3 Liter mit ein. Ich will einfach auf der sicheren Seite sein. So kommt dazu noch Kaffee und schwarzem Tee, einen halben Liter Trainings-pre work out, der ebenfalls mit Süßstoff versetzt ist und aktuell hin und wieder etwas Cola und Rotwein.
Tja, so wirklich prickelnd finde ich es nicht, dass mit der Cola, der Kohlensäure und dem Alkohol. Und in den letzten 4 Jahren habe ich alles drei auch strikt gemieden. Die Cola, weil sie mir zu süß und zu ekelig war, die Kohlensäure, weil ich davon immer so furchtbar und unfein Rülpsen muss (was nach wie vor noch die Begleiterscheinungen vom Cola trinken sind, weswegen ich es nicht in Gesellschaft trinke) und den Alkohol, wegen der leeren Kalorien. Doch aktuell bin ich nachlässig.
Das richtig essen.
Nun, spezifizieren wir diese Aussage mal ein bisschen: das richtig – für mich – essen. Denn, und das ist mir endlich voll und ganz bewusst geworden, was für den einen richtig in puncto Ernährung sein kann, muss es für den anderen nicht sein.
Ich habe für mich gelernt, dass, wenn ich auf selbst zusammengestellte und selbst zubereitet, warme Mahlzeiten, mit vollwertigen und ganzen Lebensmittel setzte, also fast schon puristisch und reich an Protein und Ballaststoffen, kann ich mich mit 4 – 5 Mahlzeiten am Tag, ohne Kalorienzählen, so satt essen, wie mein Schlauchmagen es noch auf angenehme Weise zulässt, ohne ein Gramm zuzunehmen, bzw. mich sogar auf eine Tendenz nach unten auf der Waage zu erfreuen.
Das viel zitierte „Huhn, Brokkoli, Reis“ unter Bodybuildern kommt nun mal nicht von ungefähr, wie ich auch für mich habe lernen können. Und damit, und zwar nur damit, funktioniert für mich auch das Konzept „intuitives essen„.
Fragt sich nur, warum ich es nicht auch so mache? Nun, weil industriell hoch verarbeitet, fettreiche und verzuckerte und mit Weizen vollgepackte Lebensmittel, die mit Aromen versetzt sind und mit reichlich Zusatzstoffen und wohlklingenden Werbeversprechen bereichert werden, einfach zu verlockend sind. Und es mir eben nicht immer gelingt den Verlockungen zu widerstehen, trotz besseren Wissens und der Erfahrung, dass es mir nicht guttut.
In meiner Vergangenheit, auch in meiner jüngeren, bin ich stets von einem Extrem ins andere geschwankt: erst Kohlenhydrat/Fett-Mast, dann striktes, sehr eng gestecktes low carb. Heute bin ich dabei meinen persönlichen Weg, der vermutlich irgendwo dazwischen liegt, zu finden. Umso wichtiger ist es für mich, das „richtige zu essen“.
Makroverteilung.
Protein zuerst. Gemüse zum Sättigen. Kohlenhydrate als Ergänzung, je nach Umfang der persönlichen Aktivität.
So habe ich es gelernt und daran orientiere ich mich. Doch mitunter ist das gar nicht so einfach. Da bleibt schnell mal das Protein auf der Strecke und das Gemüse wird zur Beilage. Und wie sich die vielen Kohlenhydrate in die Ernährung geschlichen haben, wird zum Rätsel.
Doch angesichts von verkaufsoptimierter, günstiger, überall erreichbarer und geschmacklich höchst reizvoller Industrienahrung, eigentlich kein Wunder.
Ebenso wie meine Kalorien muss ich auch meine Makros im Auge behalten. Doch außer ich will ein bestimmtes Ziel erreichen, möchte meine Kalorien reduzieren und benötige die entsprechende Kontrolle dazu, bedeutet, dass für mich heute nicht mehr, dass ich tägliche Kalorien tracke oder Makros zähle. Doch wann immer ich das Gefühl habe, dass mir meine Esserei evtl. zu entgleisen droht, führe ich für eine kurze Zeit ein Essenstragebuch.
Für die alltägliche Orientierung gibt es jedoch auch ein paar interessante und hilfreiche Gadgets, wie zb. Portionsteller oder Mealprep-Dosen.
Mealtiming.
Fördererst zählt für mich, dass die Gesamtbilanz (der Kalorien) am Ende eines Tages stimmt. Wann ich diese Kalorien gegessen habe, ist erst einmal nicht so wichtig, finde ich. Und doch denke ich, dass wenn man bestimmte Ziele erreichen will, zb. eine Diät durchziehen, Mealtiming nützlich sein kann.
Zumal ich intermittierend faste, was ja auch nichts anderes als Mealtiming. Es ist mir in einem 16:8 (16 Stunden fasten, 8 Stunden Essensfenster) in meiner strikten low carb-Zeit zur zweiten Natur geworden, und zwar ohne, dass ich es bewusst gesteuert habe.
Interessant ist, dass je mehr Kohlenhydrate meine Ernährung erhält, es für mich umso schwieriger ist, es auch weiterhin ganz natürlich in meinen Alltag einzubauen. Ich habe schlicht und einfach vormittags wieder viel früher Hunger, als vorher und breche das Fastenfenster bereits nach 12 Stunden.
„Mealtiming„ wird dann für mich interessant, wenn es sich auf mein Hang zu unzähligen „Snacks“ oder das „Grazing“, das Grasen im Kühlschrank, in den Nussgläsern oder in meinen Bitterschokolade-Vorräten, bezieht. Deswegen bedeutet „Mealtiming„ für mich: eine Pause, von 4 Stunden, zwischen den Mahlzeiten einzuhalten.
Keine Snacks. Nicht grasen. Pausen zwischen den Mahlzeiten einhalten – für mich ein großes, wirklich sehr großes Problem.
Essrituale.
Keine Snacks. Nicht grasen. Pausen zwischen den Mahlzeiten einhalten – sind natürlich ebenfalls sehr kluge Essrituale. Aber auch sich die empfohlenen 20 min Zeit nehmen, nicht schlingen, kleine Bissen nehmen und gut kauen, stehen auf meiner Agenda. Leider viel zu oft ohne Beachtung.
Immerhin sind mir heute meine Kalorien zu wertvoll um sie im Stehen oder Gehen zu essen. Ich setzte mich zum Essen hin oder versuche es. Was mich leider nicht davon befreit, auch schon mal vor dem PC oder TV zu essen. Eine Angewohnheit, die ich nicht begrüße, aber dennoch tue.
Und, so sehr es auch zum Spott anregen mag, ich bin bei meinem Kinderbesteck und Kinderteller, bzw. Dessertteller geblieben. Seit der OP und wenn ich privat bin, nutze ich ausschließlich mein KinderEssSet. Natürlich kann ich auch auf eine Kindergabel eine ansehnliche Ladung Essen schaufeln und so ein Kindermesser nagt nun mal reichlich ineffektiv an einem Steak, aber rein aus psychologischen Gründen liebe ich es heute en miniature zu speisen. Mein Teller ist gefühlt genauso voll wie früher; es mag dumm sein und greift das Problem nicht an, aber es beruhigt mich.
Meiner Meinung nach sollte hier auch schon das Thema „Sättigung spüren„ aufgelistet werden, da dies jedoch einen eigenen Punkt hat, ein Stück weiter unten, verzichte ich hier auf eine doppelte Ausführung.
Reste ohne bedauern oder schlechtes Gewissen, sondern mit Stolz darauf, den Teller eben nicht leer geputzt zu haben, einfach liegen lassen, gelingt mir nicht immer. Dazu esse ich vermutlich einfach zu schnell und übergehe viel zu oft die zarten Anzeichen des Satt sein – um dann vom plötzlichen Übervoll „überrascht“ zu werden.
Keine (geplanten) Cheatdays (zb. 5 Tage Kaloriendefizit und 2 Tage Wochenend-Cheatday).
Auch hier wieder der Bezug: Keine (geplanten) Cheatdays für mich. Ich komme kaum schon mit ungeplanten Mini-Eskalationen zurecht, wie sollte ich es damit geplanten großen schaffen?
Nein. Aus leidiger Erfahrung weiß ich, dass ich mich auf meinem Weg sicherer und entspannter fühle. Sollte es doch mal passieren, habe ich alle Hände voll zu tun, an einem „Scheiße gelaufen, aber egal“ und ein „Aufstehen, Krone richten und weiter machen“ zu arbeiten.
Keine Light- und Diät-Produkte.
Ach wie süß sind ihre Versprechen und wie reizvoll und wie einfach scheint der Weg, vor allem wenn ich so blieben will, wie ich bin?
Sicher, auch ich bemühe mich möglichst kalorienarme Lebensmittel zu finden, die mich so zufrieden stellen, dass ich von ihren kalorienreichen Schwestern Abstand nehmen kann. Und ich probiere leidenschaftlich gerne aus, was die Industrie so zu bieten hat.
Aber in der Regel komme ich dann doch irgendwann wieder zu Sinnen und hinterfrage, wann es sinnvoll und mir wert ist darauf zurückzugreifen? Gerne ausprobieren, aber doch auch kritisch Hinschauen. Am Ende lande ich immer wieder bei: siehe Das richtige Essen.
Bei dem ersten Anzeichen einer Sättigung, die Mahlzeit beenden.
Ich hatte es ja bereits in „Essrituale.“ angesprochen, 20 min Zeit nehmen, nicht schlingen, kleine Bissen nehmen und gut kauen – und dann funktioniert das auch mit der Sättigung.
Nicht sofort wieder etwas nachnehmen, auch wenn die Schüsseln, die auf dem Tisch stehen, noch etwas hergeben – erst durchatmen, in sich spüren, den eigenen Sättigkeitsgrad erfühlen (oder sich darin üben, bis man ihn fühlt) und sich dann entscheiden, ob man noch mehr Nahrung benötigt oder nicht.
Da ich mich nach wie vor darin übe, das mit dem „Gefühl für Sättigung zu finden“, bin ich privat so streng wie möglich mir gegenüber; lediglich gedämpftes Gemüse steht mir bei jeder Mahlzeit unlimitiert zur Verfügung.
Es sollte nicht verwundern, dass diese Auswahl nicht selten darin mündet, dass ich dann doch feststelle, satt und voll zu sein. Würde ich mir anstelle von Gemüse Süßigkeiten (aka Fett, Weizen, Zucker) zur freien Verköstigung erlauben, sähe das wohl anders aus.
Da ich in Gesellschaft nach wie vor dazu tendiere nur einen Happen zu nehmen und nicht die eine Portion, die mich satt macht, erlaube ich mir bei diesen Gelegenheiten in der Regel einen zweiten Happen.
Nun, ich denke, dass es das war. Zumindest die Punkte, die sich rein auf die Ernährung beziehen. Ich hätte da noch eine kleine Liste anderer Fehler, die man nach OP machen kann, doch die möchte ich an anderer Stelle anbringen.