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[Teil 2] SASI – die Operation

Und dann bin ich doch noch nervös geworden und habe mich gefragt, wann und warum um Himmelswillen ich der Idee verfallen bin mich erneut operieren zu lassen? Gerade läuft es doch so gut! Oder? *3mal tief durchatmen* und sich erinnern, nein, es läuft eben gerade nicht alles so gut.

Und weil ich die Tage dann so überhaupt nicht wusste, wohin mit mir, habe ich auf eine alte und wohlbekannte Strategie zurückgegriffen: ich habe mir dunkle Schokolade gekauft und mir (süße) Choco-Chunks-Mandel-Cookies gebacken und Haferkleie-Muffins zum Frühstück. Sicher ist das „harmlos“, es hätte „schlimmer“ kommen können, aber verhindern habe ich es nicht können.

Aber, wer weiß, vielleicht war es heilsam, denn ich habe das Erythrit in den Cookies überhaupt nicht vertragen. Mir wurde leicht schlecht davon. Und es hat mir zudem nicht geschmeckt. Ganz ehrlich, ich fands … absolut un-lecker. Habe ich die Cookies trotzdem gegessen – ja. Apropos Essen, dem Thema Ernährung rund um die OP, in einem Vergleich mit meinem ersten Aufenthalt im Jahr 2014, werde ich einen gesonderten Beitrag widmen. Heute wird es nur um die OP gehen.

Tag der Aufnahme

Dann kam er also der Morgen der Aufnahme ins Krankenhaus. Mit mir wurden 5 weitere Patienten aufgenommen und untersucht, zwei Revisionen (ein Bypass und ich mit meinem Schlauch) und 4 zukünftige Schlauchmägen.

Die übliche Routine folgte: Papierkram, Gespräche mit der Anästhesie und der Ärzte zur OP, Labor, Lungenfunktionstest, die Magenspiegelung; nach der ich dann, meinen Betäubungs-Rausch in meinem Zimmer ausschlafen konnte; und die Aufnahme durch das Personal auf der Station. Später am Abend folgte dem noch ein „Brei-Schluck“ (Röntgen Magen-Monokontrastdarstellung). Und dann war ich durch. 20 h Licht aus.

Tag der Operation

Die Nacht vor der OP hatte mir wirre Träume beschert. Letztendlich konnte ich mich damit wieder beruhigen, dass wenn ich am nächsten Morgen aufwachen würde, ich die OP immer noch absagen könne. Doch von den Alp-traumhaften-Zweifeln der Nacht war nach dem Aufwachen am nächsten Morgen nichts mehr vorhanden. Die Information, dass ich mit meiner Operation erst um 14h geplant war, stieß jedoch auf wenig Begeisterung bei mir. Ich war zwar okay damit operiert zu werden, trotzdem wollte ich es hinter mir haben.

Aber ich solle mich schon mal um 12h fertig machen, da OP-Pläne eh nie stimmen würden. Tatsächlich hatte ich mich um die angewiesene Zeit gerade in meine Stützstrümpfe gezwängt, da stand auch schon die Schwester im Raum und wollte mich abholen! Wegen der daraufhin entstandenen Hektik hatte ich keine Chance mehr meine Beruhigungspille zu genießen, sodass ich das erste Mal in meiner Operationen-Karriere putzmunter und hellwach im OP ankam. Sagen wir mal so, auch wenn ich derweil nett mit dem Personal plaudern konnte, ich kann grundsätzlich darauf verzichten derartige Vorbereitungen mitzubekommen.

Das erste, was ich wieder gespürt habe, war, dass meine Zähne geklappert haben und ich gezittert habe. Und dann wurde mir der Schlauch eines Hypothermie Wärmegeräts (ich habe später nach dem Namen dieser genialen Teile gegoogelt) unter die Bettdecke geschoben und ich mit warmer Luft umhüllt. Einfach himmlisch. Kann ich das mit nach Hause nehmen?

Ich kann mich nicht mehr so genau erinnern, aber um die 18h herum bin ich das erste Mal bewusst im IMC (Intermediate Care / Zwischenpflege) aufgewacht. Bauch abtasten. Alles noch dran? Pflaster? Ja, 4 Stück. Drainage? Nein. Haben sie Schmerzen? *ne, eigentlich nicht. Fühlt sich nur ein bisschen so an, als ob man mir einem Rechen oder einer Hake den Magen bearbeitet hätte. Eine Mitpatientin beschriebe es mit: „es fühlt sich an, als ob mein Hund auf mir herumspringt“. (Anmerkung: ich habe jedoch vergessen zu fragen, was für eine Rasse.) Aber …* Ja, geben sie mir bitte etwas. Schlafen. Kurz aufwachen. Aufsetzten, Wasser trinken und aufs Klo rennen. Wieder ins Bett. Schlafen. Aufwachen. Aufsetzten, Wasser trinken und aufs Klo rennen. Wieder ins Bett. Haben sie Schmerzen? *ne, eigentlich nicht, aber …* Ja, geben sie mir etwas. Wollen sie ein Schlafmittel? Definitiv nein. Schlafen. Repeat.

So gegen 3 Uhr war ich dann mit dieser Dauerschleife durch und wäre munter gewesen den Tag anzufangen. Um 6h Uhr kam Leben in die Bude, als alle Blutdruckmessgeräte ihren Dienst angetreten haben. Da für alle Anwesenden alles gut verlaufen war, konnten wir so nun durch die IMC flaniert und ein Schwätzchen halten und die Visite abwarten, bis wir allesamt, unseren Betten hinterherlaufend, wohlbehalten wieder auf Station ankamen.

Die Tage danach

Bis auf ein gelegentliches Zwicken im Bereich des Brustkorbes, wegen der Hiatoplastik (dazu gleich mehr), den juckenden Zugängen auf den Handrücken und im Bereich der Wundklammern, war ich komplett schmerzfrei. Bereits kurz nach dem Aufwachen wieder Wasser trinken zu dürfen (vorsichtig und Schlückchen für Schlückchen, aber so viel Wasser, wie ich will), mich aussetzen, aufstehen und aufs Klo gehen zu können ist ein echter Gamechanger im OP-Business, wie ich finde. Näher an die Operation heran aus dem Bett zu können und schneller wieder in Bewegung zu kommen ist nach meiner Erfahrung so viel besser als die Gelegenheiten, bei denen ich erst am nächsten Morgen vollkommen steif und verspannt wieder aus dem Bett durfte.

Wir alle, das Zimmer hat sich die Woche über mit 2 weiteren Revisionen (ein Bypass und ein weiterer Schlauchmagen) gefüllt, haben die nächsten Nächte locker 10 – 14 Stunden geschlafen. Am Tag haben sich jedoch immer wieder Gespräche entwickelt, die die Langeweile des Stationsalltags für uns genesende Patienten erleichtert. Dabei habe ich mich glücklich geschätzt, mir mit so wundervollen Zimmernachbarinnen beim Plaudern die Zeit vertreiben zu können. Denn, von der ersten Visite auf Station an, bekam ich die Information, dass ich wegen der „Komplikation“, ein ärztlicher Terminus für „eine Hiatoplastik stand nicht auf dem OP-Plan“, bis zu meiner Entlassung am Samstag überwacht werden sollte. Aber auch die anderen Revisionen musste jedoch auch alle bis zum 4.Tag nach OP im Krankenhaus bleiben. Die „neuen“ Schlauchmagen wurden am 2., bzw. 3.Tag nach OP wieder entlassen.

Wieder zu Hause

Es war bereits Sonntag als mir zum ersten Mal bewusstwurde, dass ich viel leichter Atmen kann. Ja, mein ganzer Brustkorb fühlte sich „freier“ an. Schlucken war wieder leicht. Und endlich konnte ich wieder sowohl auf der linken als auch der rechten Seite ohne Schmerzen in der Brust schlafen. Und das verrückte dabei, mir war überhaupt nicht bewusst, dass ich vorher damit solche Probleme hatte! Doch der Unterschied von vorher zu nachher war frappierend und ich habe mich schon in der Hoffnung gewähnt, dass nun alles gut ist. Zum Teil bleiben die Symptome auch verschwunden. 10 Tage nach OP kam der Reflux, vor allem im Liegen, jedoch zurück, in einer anderen Qualität.

Aktuell spüre ich noch jeden etwas solideren Bissen (zb. Fleisch oder Käse, und ja ich kaue, was das Zeug hält), wenn er entlang der Speiseröhre, die frisch operierte Engstelle Richtung Magen passiert, doch das unangenehme Gefühl weicht jeden Tag ein Stück mehr. Und die Wundklammer jucken natürlich auch.

Derweil hat mein Verdauungstrakt seine Diva raushängen lassen und geschmollt. Eine Woche nach OP scheint nun langsam eine gewisse Regelmäßigkeit einzutreten, mit der ich auch in Zukunft so gut leben könnte. Doch ich habe so ein Gefühl, dass das nicht so bleiben wird. Leider.

Vor OP wurde ich gewarnt, dass ein Umbau zum SASI auch immer mit einer Phase von Durchfall (bis zu einem Jahr nach dem Umbau) einhergehen kann, bis sich das Verdauungssystem an die neue Situation angepasst hat. Bekanntlich bin ich jedoch, wegen meiner chronischen Darmerkrankung und den vorangegangenen Operationen, in dieser Hinsicht kein Vergleichsobjekt.

Für mich heißt es jetzt noch am 10. – 12. Tag nach OP die Wundklammern entfernen zu lassen, 6 Wochen lang PPIs und noch weitere 14 Tage Thrombosespitzen anzuwenden. Für den Februar 2022 ist dann ein telefonischer Nachsorgetermin geplant.

Und die Moral von der Geschicht‘

Ich war davon ausgegangen, dass ein SASI meinem Reflux Problem helfen können würde. Dass eine Hiatoplastik (Verfahren zur Einengung der Speiseröhre durch die Öffnung im Zwerchfell, bei Zwerchfellbruch) hier zum Teil Abhilfe schaffen könnte, damit hatte ich nicht gerechnet.

Bei der Visite im IMC hatte ich die Gelegenheit mit dem Chefarzt zu sprechen, der mich auch operiert hat. Neben einem „alles wie besprochen“ hat er auch mit einer hochgezogenen Augenbraue hinzugefügt „Eine kleine Hernie? Klein? Ich habe ihnen den halben Magen aus dem Brustkorb gezogen, von wegen klein!“ Damit bezog er sich auf unser Vorgespräch, bei dem ich ihm meine Unterlagen der gastrologischen Untersuchung aus dem Dezember 2020, mit der Diagnose „kleine Hianthushernie“ vorgelegt hatte.

Und das erklärte einfach alles. Den Reflux, das Aufstoßen, die Schmerzen beim Liegen und die stechenden seitlichen Brustschmerzen, die mich regelmäßig ereilt haben, wenn ich mich vorgebeugt habe und die ich mir nicht erklären konnte. Unfassbar, dass ich hier nicht eins und eins zusammengezählt habe, wo ich doch von dem Zwerchfellbruch seit 2014 wusste.

Vermutlich werde ich meinen „Ich und GERD“-Artikel nun umarbeiten müssen, bzw. dem einen ganz neuen Abschnitt hinzufügen: Wie ich einen Teil meiner Reflux-Symptome mit einer Hiatoplastik wieder loswurde. Ich will mal Gnade vor Recht ergehen lassen und den Gastrologen zumindest hierbei in Schutz nehmen, denn sicher dürften es zwei unterschiedlich schwer zu beurteilenden Situationen sein, der eine, der alles nur von Innen sieht (und Schlauchmagen eher selten zu Gesicht bekommt) und der andere, dem eine Sicht „von außen“ gewehrt wird (und der seit vielen Jahren Schlauchmägen selber operiert). Denn ein Teil der Schuld trifft auch mich. Wäre ich gleich zu jemandem gegangen der Ahnung hat, hätte ich mir mindestens ein halbes Jahr Schmerzen ersparen können.

Ich darf mir jedoch zugutehalten, dass ich von vorneherein geplant hatte, deswegen auch in meinem Adipositas Zentrum vorstellig zu werden. Dass ich diesen Schritt erst gemacht habe, als die Situation nahezu unhaltbar war, ist eine andere Sache. Ich bin nur froh, dass ich damals den Verstand besessen habe, die PPIs nicht zu schlucken, diese wären nämlich zu diesem Zeitpunkt völlig nutzlos gewesen. PPIs nehme ich nun doch, aber aus einem nachvollziehbaren Grund und es sind auch nur 6 Wochen und nicht dauerhaft, wie mir empfohlen wurde.

Ich bin 2014 mit meinem Schlauch in diesem Krankenhaus operiert worden und dann dem Team, in ein anderes Adipositas Zentrum, eines anderen Krankenhauses gefolgt. Dort habe ich mich überhaupt nicht wohlgefühlt und bin schlicht nicht mehr zu den Follow ups gegangen. Heute bin ich wieder zurück in „meinem“ Krankenhaus, unter einer anderen Leitung, und sehr zufrieden über meine Entscheidung. Damit werde ich vermutlich auch nicht jedes Jahr nach Frankfurt pilgern und für Routineuntersuchungen auch weiterhin die Fachschaft vor Ort aufsuchen. Doch der zweite Schritt wird auf jeden Fall der in mein Adipositas Zentrum sein.

Ich bin jetzt also stolze Besitzerin eines SASI-S und eines brandneuen Zwerchfells. Die Länge des Dünndarmbypasses wurde vom Chirurgen mit 200 cm angegeben, und zwar den Dünndarm hoch gemessen. Postoperativ kam es zu keinen Komplikationen, die Wundheilung verlief ohne Infektion und der Kostaufbau über 3 Tage wurde von mir gut vertragen. Schauen wir mal.

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